Symbolik und Musik

in Redaktion des Zentrums Demokratische Kultur

Kurzeinführung in die Skinheadmusik

Die Entstehungsphase
Erstmals traten Skinheads in denspäten 60er Jahren auf, vorwiegend im Londoner Eastend. Die Bekleidung der damaligen Skinheads unterschied sich, bis auf die Haarlänge, sehr stark von der heutigen Skinhead-Mode. Damals war man bestrebt, möglichst smart und elegant auszusehen, man trug Anzüge, Hüte, und die beliebte Sta-Prest-Hose (ein Stoffhose mit "eingebauter" Bügelfalte) von Levis. In Erinnerung an diese erste Hochzeit der Skinheadbewegung spricht man heute noch vom "Spirit of `69". Bereits in dieser Zeit fielen Skinheads besonders im Zusammenhang mit Fußballrandalen und dem sogenannten Paki-Bashing (systematisches Zusammenschlagen von pakistanischen Einwanderern) auf. Auch wenn dies heute gern als normale Bandenauseinandersetzungen dargestellt wird, so entspringt es doch auch einem in der englischen Arbeiterbewegung verwurzelten Fremdenhass. Diese erste "Skinhead-Welle" ebbte sehr schnell ab, war Mitte der 70er de facto nicht mehr existent. Anfang der 80er Jahre tauchte eine neue Abwandlung von Skinheads, wiederum erstmals im Londoner Eastend auf. Die Lebenseinstellung dieser neuen Bewegung unterschied sich nicht wesentlich von der der 69er Skins, aber Musik und Kleidung wichen erheblich von der Ur-Form ab. Da man sich nach wie vor als proletarische Bewegung empfand, wollte man seine Herkunft auch in der Freizeit öffentlich zur Schau stellen. Man trug also Arbeitsschuhe, (besonders die säure-resistenten Stahlkappenschuhe der Marke Doc Martens) Jeanshosen (Levis 501) und Polohemden. Dennoch legte man auch hier Wert auf gepflegte Erscheinung, Markensachen waren Pflicht, insbesondere die Nobel-Polohemden des ehemaligen Tennisspielers Fred Perry wurden zum Inbegriff der Verschmelzung zwischen praktischer und hochwertiger Bekleidung. Auch die Marke Lonsdale wurde bereits in den frühen 80ern in dieser Szene getragen, keineswegs, weil man bei halbgeöffneter Jacke die Buchstaben "NSDA" erkennen kann, sondern weil Skinheads damals in ihrer Freizeit zur körperlichen Ertüchtigung Boxstudios besuchten, und Lonsdale der Ausrüster der meisten dieser Boxstudios war. In Abgrenzung zu der ersten Skinheadwelle nannten sich diese Skinheads "OI!-Skin´s". (wobei die Herkunft des Wortes Oi bis heute ungeklärt ist und mittlerweile von fast allen Skinheadfacetten für sich in Anspruch genommen wird.)

Die Politisierungsphase
1981 erschien die erste reine Oi!-Skinhead-Platte, welche bezeichnender Weise den Titel "Strength trough joy" ("Kraft durch Freude") trug und auf dem Cover einen der bekanntesten englichen Neo-Nazis, den British Movement-Organisator von Kent, Nick Crane abbildete. Seine rechtsextremen Tätowierungen wurden jedoch wegretuschiert. Dieser Nick Crane gründete zusammen mit dem Sänger der 1975 als Schüler-Punk-Band gegründeten und im Laufe der 80er Jahre zur führenden Rechtsrock-Band aufgestiegenen Skinhead-Combo "Skrewdriver", Ian Stuart Donaldson das "Blood&Honour"-Netzwerk. Der Name lehnt sich ganz bewusst an den Leitspruch der Hitlerjugend, "Blut und Ehre", an. Diese als Unterstützungsnetzwerk von rechten Skinheadbands für rechte Skinheadbands gedachte Organisation ist heute zu einem weltweit tätigen, millionenschweren Musikunternehmen mutiert. B&H vergibt Lizenzen für die Nutzung des Namens, vermarktet die angeschlossenen Bands, vertreibt CD´s und Merchandising-Produkte und handelt für die Bands sogenannte "Pool-Verträge" aus, dass heißt, die bekannten Bands produzieren ihre CD`s nur für Labels, die auch mehrere kleinere Bands unter Vertrag nehmen. 1993 verstarb Ian Stuart Donaldson bei einem Autounfall, Nick Crane an der Immunschwächekrankheit Aids.

Die Kommerzialisierungsphase
Der erste B&H-Lizenznehmer war Herbert Egoldt und sein Plattenlabel "Rock-O-Rama" in Brühl bei Köln. Dieses Label war nicht auf Rechtsrock spezialisiert, sondern vertrieb nahezu das gesamte Spektrum von Musik. Ian Stuart erhielt einen "Berater-Vertrag" und sorgte dafür, dass alle namhaften B&H exklusiv bei ROR produziert und vertrieben wurden. Dadurch stieg Egoldt zum weltweiten Hauptproduzenten von Skinhead-Musik auf und verdient noch heute Millionen an diesen Produkten und der Rechteverwertung.

Heute gibt es in Deutschland etwa 100 rechte Musikgruppen, die in den 90er Jahren bei über 50 deutschen Plattenlabels insgesamt etwa 750 verschieden Cd´s eingespielt haben und damit zum Teil sechsstellige Verkaufszahlen erreichten. Hinzu kommt eine unüberschaubare Zahl von Bootlegs (nichtlizenzierte CD-Kopien)

Die ersten bekannten deutschen Skinheadbands waren die Böhsen Onkelz aus Frankfurt/M und die Band KdF (Kraft durch Froide) um den Berliner NF(Nationalistische Front)-Kader Andreas Pohl. Pohl initiierte auch den ersten reinen Rechtsrockvertrieb, den auf den Chef der NF, Meinholf Schönborn, angemeldeten "Klartext Verlag und Versand". Dieser Versand erzielte jedes Jahr etwa 120.000 DM Gewinn, welcher nahezu ausschließlich in die NF-Parteikasse floss und zum Aufbau eines NF-Schulungszentrums verwendet wurde.

Auch wenn rechte Parteien viel Geld mit der Vermarktung von Skinmusik verdienten, Skinheads gern zur Absicherung von Veranstaltungen und als "Fußvolk" auf Demonstrationen eingesetzt wurden, so spielten sie in der politischen Arbeit kaum eine Rolle. Diese Situation änderte sich erst nach der Verbotswelle rechtsextremer Parteien und Organisationen, der 1992-1995 immerhin 12 Gruppen zum Opfer fielen und eine komplette Neugestaltung der rechtsextremen Szene nötig machte. Die NPD, bzw. ihr Hochschulverband NHB, hatten das Potential bereits 1992 erkannt, als sie das Konzept-Papier "Schafft befreite Zonen" veröffentlichten in dem die Schaffung von rechter, kultureller Hegemonie gefordert wird. Dabei sollte der Skinheadkultur eine Schlüsselrolle zukommen. Zwei der wichtigsten Versandfirma der frühen 90er Jahre wurden betrieben von NPD-Kadern, Jens Pühse (heute Beisitzer im NPD-Vorstand") und von Dieter Koch (damals Bundesschatzmeister des NHB). Auch aus Gründen der Bündelung der Parteiaktivitäten wurde der Versand von Dieter Koch eingestellt und die Kundenkartei in den Versand von Jens Pühse eingebracht. Dieser Versand ist heute der offizielle Versand der NPD-Zeitung "Deutsche Stimme".

Im Gegensatz dazu sah das Konzept von Blood&Honour jedoch die politische Einflussnahme von Skinheads, unabhängig von ihren jeweiligen politischen Mitgliedschaften vor. Sehr frühzeitig agierte B&H als politische Kraft auf Demonstration und betrachtet Musik nur als einen Teil des politischen Kampfes an. Das von B&H herausgegeben Fanzine entwickelte sich immer mehr zu einem politischen Schulungsheft, welches mit Musik lediglich aufgelockert wurde.

Blood & Honour Deutschland
B&H Deutschland wurde offiziell von Stefan "Pinochio" Lange aus Berlin geleitet. In Berlin gab es auch ein offizielles Vereinshaus. Hinter den Kulissen zog jedoch der in Brandenburg geborenen dänische Staatsbürger Marcel Schilf, mit seinen Firmen "NS-Records" und "NS 88" die Fäden. Er organisierte die Einspielung der CD´s in Skandinavien oder den USA, die Herstellung der CD´s in Tschechien, den Transport über Polen nach Dänemark und von hier die Übergabe an B&H Deutschland, in Person von Torben Klebe aus Hamburg. Dieser wiederum organisierte die Verteilung der CD´s an regionale B&H-Stützpunkte, z.B. Torsten Heise aus Göttingen (ehemaliger FAP-Aktivist z.Zt. in Haft), Stefan Lange aus Berlin, und Christian Hehl (JN-Bundesvorstand, z-Zt. ebenfalls in Haft, Anführer der Waldhof Mannheim-Hooliganclique "The Firm", welche unter anderem auch einen großen Teil des Drogenhandels in der Region kontrolliert, was den Verdacht nahe legt, dass Drogen über die selben Wege aus dem Osteuropa nach Westeuropa gelangen wie die CD´s).

Um die Größenordnung des Handels mit CD´s zu verdeutlichen, sei hier von einer einzigen Beschlagnahmeaktion in einem B&H-Zwischenlager, bei "No Mercy-Records" berichtet: Sichergestellt wurden neben 31.000 Cd´s mit rechtsextremen Inhalten auch 200.000 Raubpressungen von normaler Diskomusik. Verkaufswert 7,5 Millionen Mark. Bei Herstellungskosten von unter 30Pf pro CD sind hier Gewinne möglich, die sonst nur mit Waffen-oder Drogenhandel erzielt werden können. Die Strafandrohnung liegt jedoch im Gegensatz dazu sehr viel niedriger.

Welch hochkriminelles Milieu dieses Geschäft betreibt musste der Neumünsteraner Sascha Meseberg feststellen, ein Skinheads aus dem Umfeld des "Club 88", welcher versuchte sich an diesem Geschäft ebenfalls zu beteiligen. 1999 wurde er auf offener Straße mit einer Pumpgun regelrecht hingerichtet.

Nachdem B&H verboten wurde und Marcel Schilf Anfang des Jahres an einer Hautkrankheit verstorben ist, liegt die Zukunft von Blood and Honour in den Sternen. Zwar wurde unmittelbar nach dem Verbot eine Verringerung der politischen Aktivitäten festgestellt und das Fanzine eingestellt, dennoch wird beispielsweise das Clubhaus weiterbetrieben (unter dem Namen "Holger&Bernd") Von einem Nachlassen der Aktivitäten im Musikbereich kann jedoch keine Rede sein, im Gegenteil: Mittlerweile wurde bereits die CD der Berliner Band "Landser" "Ran an den Feind" vieltausendfach vertreiben, sowie zwei Sampler produziert. Einer davon trägt den Titel "Blood and Honour Brandenburg" und ist offensichtlich als Solisampler zur Wiederherstellung des finanziellen Spielraums von B&H gedacht, sowie ein Solisampler zur Unterstützung des bereits angesprochenen Torsten Heise.

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