FALLER, Kurt und SIEBOLD, Heinz, Neofaschismus. Dulden?
Verbieten? Ignorieren? Bekämpfen? Frankfurt a. M. 1986
Der Band behandelt zunächst die aktuelle Bedeutung des Neofaschismus
und der rechtsextremen Organisationen in der Bundesrepublik. Daran schließt
sich eine Diskussion über die Bedeutung und das Wesen von Faschismus
und Neofaschismus an. Abschließend werden anhand von Beispielen antifaschistischer
Arbeit und praktischer Jugendarbeit Bemühungen aufgezeigt, die das
Arbeitsbuch zu einer Grundlage antifaschistischer Tätigkeit in Schule,
Kirche, Gewerkschaften und Jugendeinrichtungen werden lassen.
Farin, Klaus (Hg.): Skinhead – A Way of Life.
Eine Jugendbewegung stellt sich selbst dar, Hamburg 1996
Rund 6000 Skinheads gibt es in Deutschland und an – überwiegend
ablehnenden – Urteilen über sie besteht gewiß kein Mangel. Fragt
man aber nach dem, was den Skinhead denn nun tatsächlich ausmacht, wird
man keine klare Antwort finden. Skin sein meint in erster Linie, wie der Autor
dieses fetzig aufgemachten Readers betont, ein Lebensgefühl, keine politische
und auch nur in Ausnahmefällen eine rechtsradikale Einstellung. Das Buch
will jedoch nicht um Verständnis für einen radikal anders gestalteten
„way of life“ werben – was sich der echte Skin ohnehin verbieten
würde –, sondern dieses Lebensgefühl in all seiner Vielfalt und
Farbigkeit darstellen. Rund 250 Skins steuerten für diese Dokumentation
Beiträge, Zeichnungen und Fotos bei, die Themenpalette reicht von der Sozialisation
des Skins über Lebensinhalte und politische Einstellungen bis zur Skinmode,
-musik und Fanzines. Der Autor selbst agiert als Vermittler hinter den Kulissen,
der dafür sorgt, daß auch tatsächlich alle „Fraktionen“
der Skin-Subkulturen zu Wort kommen. Alles in allem ergibt sich so eine dichte
Darstellung einer sicherlich bislang unzureichend wahrgenommenen Jugendkultur.
Man darf gespannt sein auf die vom Autor angekündigten stärker empirisch
und soziologisch angelegten Folgebände.
FEIT, Margret, Die neue Rechte in der Bundesrepublik.
Organisation, Ideologie, Strategie. Frankfurt a.M. 1987
Die ‘Neue Rechte‘ in der Bundesrepublik Deutschland hat sich den spezifischen
Bedingungen in diesem Land angepaßt und entsprechend typische Formen sowohl
in der Gestaltung ihrer Ideologie als auch in ihren Organisationsformen entwickelt.
In der vorliegenden Arbeit werden schwerpunktmäßig die tragenden
ideologischen Prämissen und die organisatorische Vernetzung der ‘Neuen
Rechten‘ untersucht. In der Bundesrepublik Deutschland hat die Suche nach
einem neuen kollektiven Selbstverständnis eingesetzt. Dabei spielt
auch die Idee der Nation eine wichtige Rolle. Die negative Geschichte der Nationalidee
in Deutschland wird dabei oft ausgeblendet. Die Beiträge in diesem Band
untersuchen die sozialpsychologischen Hintergründe der nationalen Identitätsbeschwörung,
zeichnen die Geschichte der Nationalbewegung im europäischen Vergleich
nach und analysieren aktuelle Konflikte nationaler Identität. (A)
Forschungsgruppe Schulevaluation (Hg.),: Gewalt als
soziales Problem in Schulen. Untersuchungsergebnisse und Präventionsstrategien,
Opladen 1998
Im Mittelpunkt des Bandes steht die Auswertung einer Repräsentativbefragung,
an der über 6000 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen
6, 8 und der Abschlußklassen der Sekundarstufe I sowie deren Lehrer aus
Hessen und Sachsen teilgenommen haben. Unter Leitung des Dresdener Schulpädagogen
Wolfgang Melzer und in Kooperation mit einer Forschungsgruppe der Universität
Bielefeld werden Formen, Ausmaß und Ursachen schulischer Gewalt analysiert
und dargestellt. Danach „läßt sich der harte Kern einer an sich
noch größeren Tätergruppe im schulischen Gewaltkontext der Sekundarstufe
I, in der entwicklungsbedingt die Gewaltspitzen liegen, mit etwa 3 – 4%
und die Gruppe der Opfer mit 7 – 10% beziffern“ (S. 7). Neben der
Auswertung der Repräsentativbefragung und der Deutung ihrer Ergebnisse
führt Wolfgang Melzer zunächst in das Konzept einer sozialökologisch
orientierten Gewaltforschung ein und liefert dem Leser einen fundierten Überblick
zum gegenwärtigen Forschungsstand. Weitere Themenschwerpunkte des Bandes
bilden die Bereiche Jungen- und Mädchengewalt, das TäterOpfer-Rollengefüge,
der Zusammenhang von Schulkultur und Gewalt sowie Reflexionen über die
Möglichkeiten einer Gewaltprävention und Gewaltintervention in Schulen.
Dabei machen die Autoren eine Reihe sehr konkreter Vorschläge und berichten
über einschlägige Erfahrungen und Modelle, die erfolgreich an einzelnen
Schulen durchgeführt wurden. Der Anhang enthält die empirischen Instrumente
der Repräsentativbefragung, nämlich den Schülerfragebogen, den
Fragebogen zur Schülerbeurteilung durch Lehrer, den soziometrischen Test
und den Fragebogen zum Gewaltbegriff. PD
FRIEDRICH, Walter und GRIESE, Hartmut (Hg.), Jugend
und Jugendforschung in der DDR. Gesellschaftspolitische Situationen, Sozialisation
und Mentalitätsentwicklung in den achtziger Jahren. Opladen 1991
Der Band stellt ein Gesamtportrait der DDR-Jugend in den 80er Jahren dar. Dabei
wird der Entwicklungsaspekt durch Vergleich mit früheren Entwicklungsverläufen
- etwa der 70er Jahre -beachtet, und intensiv wird auf die Probleme und Prozesse
seit 1985, vor allem aber auf die prä-revolutionäre Krisenzeit des
Jahres 1989 eingegangen. Neben quantitativen Daten werden auch qualitativ-biographische
Belege zur Veranschaulichung der Darstellung herangezogen (A). Unter dem
Titel ‘Jugend als soziales Problem‘ beschreibt Wolfgang BRUCK die
Jugendszene der DDR-Gesellschaft hinsichtlich Gruppenzugehörigkeit, Gewalt,
Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit.
FUNKE, Hajo, “Republikaner“ - Rassismus,
Judenfeindschaft, nationaler Größenwahn. Zu den Potentialen der Rechtsextremen
am Beispiel der Republikaner. Berlin 1989
Der Autor skizziert Ursachen des Wahlerfolgs der Republikaner und beschreibt
das aktuelle politische Bezugsfeld der Republikaner in den 80er Jahren.
Anschließend werden ethnozentrische Mentalitätsbestände der
Bundesrepublik Deutschland seit 1945 sowie praktisch-politische Konsequenzen
für Jugendpolitik und Pädagogik analysiert.
Gärtner, Reinhold: Die ordentlichen Rechten. Die
„Aula“, die Freiheitlichen und der Rechtsextremismus, Wien 1996
Reinhold Gärtner, Lehrbeauftragter am Institut für Politikwissenschaft
der Universität Innsbruck, untersucht in einer detaillierten Inhaltsanalyse
die seit 1951 in Graz erscheinende Zeitschrift „Die Aula“. Diese jahrzehntelang
unbedeutende Zeitschrift war bis Mitte der 80er Jahre ein internes Mitteilungsblatt
der Freiheitlichen Akademikerverbände in Österreich. Seither, so der
Autor, hat es sich zu einem politischen Magazin der Neuen Rechten gewandelt.
In zwölf Kapiteln versucht der Verfasser, diesen Nachweis zu führen
und zugleich die vielfältigen und intensiven Verbindungen der „Aula“
zur FPÖ Jörg Haiders zu belegen. Akribisch genau untersucht Gärtner
nicht nur die Themen der Zeitschrift, sondern auch deren Autoren und zeigt so
die personellen Schnittmengen zwischen FPÖ-Funktionären und „Aula“-Autoren.
Weitere Kapitel befassen sich mit den Leserbriefschreibern, den Inserenten,
den Rezensionen und den Nachdrucken der Zeitschrift. In einem zusammenfassenden
Kapitel werden Argumentationsmuster und Thematisierungsstrategie der Zeitschrift
vorgestellt und nochmals ihre Nähe zur FPÖ dokumentiert.
Geisen, Thomas: Antirassistisches Geschichtsbuch. Quellen
des Rassismus im kollektiven Gedächtnis der Deutschen, Frankfurt/Main 1996
Auf der Grundlage seiner Diplomarbeit versucht der Autor in bewußt aufklärerischer
Absicht, eine Geschichte des Rassismus zu schreiben. Sie ist aus der politischen
Überzeugung geschrieben, daß das Projekt der Aufklärung trotz
der Diktaturen des 20. Jahrhunderts heute wieder neu aufgenommen werden muß.
In drei großen Kapiteln bemüht sich Geisen, den Quellen des Rassismus
im kollektiven Gedächtnis der Deutschen nachzuspüren. Das erste Kapitel
ist begriffstheoretisch angelegt und dient der Klärung des Rassismusbegriffs.
Im Anschluß daran wird der Rassismus in der Moderne am Beispiel des deutschen
Kolonialismus sowie des Rassismus und Antisemitismus im Nationalsozialismus
diskutiert. Das abschließende Kapitel geht auf Phänomene des Rassismus
heute ein. Absicht des Autors ist es, am Beispiel des Rassismus deutlich zu
machen, „daß die Geschicke der Welt von Menschen gemacht werden und
nicht selbsttätig etwa dem naturhaften Zwang der Evolution, ökonomischem
Determinismus oder sonstiger vorgeschriebener Entwicklung geschuldet sind“
(S. 11).
Geißler, Heiner: Der Irrweg des Nationalismus,
Weinheim 1995
Unter den aktiven Politikern der Bundesrepublik Deutschland gilt der stellvertretende
CDU-Vorsitzende Heiner Geißler als einer der unabhängigsten Köpfe.
Auch in seinem neuesten Buch nimmt er wenig Rücksichten auf Befindlichkeit
und wahltaktische Überlegungen seiner eigenen Partei. Die Sorge des Autors
vor neuen nationalen Verirrungen, wie er sie nicht nur im Erstarken der „Neuen
Rechten“ und des Rechtsextremismus, sondern auch im alltäglichen Fremdenhaß,
der Furcht vor der „multikulturellen Gesellschaft“ und nicht zuletzt
in einem zweifelhaften politischen Aktivismus – Stichworte: Asylrecht und
Ausländerwahlrecht – zum Ausdruck kommen sieht, steht dabei unübersehbar
im Mittelpunkt. Aber Geißler blickt auch über den nationalen Tellerrand
hinaus, wenn er die Notwendigkeiten einer globalen Weltsicht oder die Berücksichtigung
von Frauenrechten und -stärken in der Politik einfordert und die Erinnerung
an die Grundwerte der europäischen Revolutionen beschwört. Gelegentlich
kommt die Darstellung allerdings recht holzschnittartig daher, auch halten manche
historischen Details der Überprüfung nicht stand. Insgesamt aber ist
dem Autor eine eindringliche Bestandsaufnahme politischer und gesellschaftlicher
Realitäten und Notwendigkeiten am Ausgang des 20. Jahrhunderts gelungen.
Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur
(Hg.): Rock von Rechts II. Milieus, Hintergründe und Materialien, Bielefeld
1999
Experten der Jugendkulturforschung, unter ihnen der im Juli des Jahres
verstorbene Bielefelder Jugendforscher D. Baacke, und Fachjournalisten geben
einen materialreichen Einblick in die rechte Jugendkultur und die Bedeutung,
die rechte Rockmusik in ihren Szenen hat. J. Lauffer formuliert einleitend „Thesen
zu einer rechten Jugendkultur“, und K. Farin gibt einen kompakten geschichtlichen
Überblick über die rechte Musikszene. D. Baacke analysiert Reichweite
und Bedeutung des Rechtsradikalismus-Phänomens bei Jugendlichen, und R.
Dollase fragt: „Welche Wirkung hat der Rock von Rechts“? K. Möller
wendet sich den geschlechtsspezifischen Mustern des Rechtsrockkonsums zu, R.
Erb analysiert den Antisemitismus im Rechtsrock, und M. Legrum beleuchtet die
Bedeutung des Internet für die Verbreitung rechter Musik. Abschließend
präsentiert K. Farin in einem Materialienteil eine alphabetische Liste
deutscher und internationaler rechter Bands in Verbindung mit einer differenzierenden
Einordnung ihrer Positionierung (nationalsozialistisch, revisionistisch, rassistisch,
nationalistisch, militaristisch, Odins Krieger und Skinheads), ihrer Themenpräferenzen
und Feindbilder. Dort findet sich auch eine Liste aller relevanten Veröffentlichungen
über Rechtsrock in den 90er Jahren (Stand Dezember 1998). Der Band ist
reichhaltig bebildert (Fotos, Cover-Reproduktionen) und enthält auch zahlreiche
Songtext-Dokumente. Eine Fundgrube vor allem für politische Bildung und
Jugendarbeit. AK
Gessenharter, Wolfgang/Fröchling, Helmut (Hg.):
Rechtsextremismus und Neue Rechte in Deutschland. Neuvermessung eines politisch-ideologischen
Raumes ?, Opladen 1998
Ist mit den 45. 000 Rechtsextremisten der deutsche Rechtsextremismus erfaßt,
wie dies als Information aus den meisten Verfassungsschutzämtern in die
Öffentlichkeit gelangt? Kritiker argumentieren dagegen, daß es nicht
genüge, sich auf die organisierten und gewaltbereiten Personen und Gruppen
zu beschränken. Auch die eher bewegungsförmigen Zusammenschlüsse
und den gesellschaftlichen Resonanzboden, der bis in die Mitte der Gesellschaft
reiche, gelte es zu berücksichtigen. Der Band vereinigt Beiträge beider
Positionen. Er bringt namhafte Rechtsextremismusexperten der Verfassungsschutzämter
und der Polizei mit europäischen und deutschen Fachjournalisten und namhaften
Wissenschaftlern zusammen. W. Gessenharter argumentiert hinsichtlich der Zusammenhänge
von neuer radikaler Rechten, intellektueller Neuer Rechten und Rechtsextremismus
für eine „theoretische und empirische Neuvermessung des politisch-ideologischen
Raumes“. Die Beobachtung und Bewertung von Rechtsextremismus und Neuer
Rechten durch den Verfassungsschutz erörtern im Anschluß daran W.
Cremer („Aspekte des verfassungsschützerischen Umgangs mit der Neuen
Rechten“), A. Pfahl-Traughber („Zur Bedeutung, Definition und Ideologie
der ,Neuen Rechten‘„), F.-A. Baumann, H. Ferse und H. Fröchling
(„Die Neue Rechte aus der Sicht des Verfassungsschutzes“). Chr. Butterwegge
(„Standortnationalismus und Wohlstandschauvinismus als geistig-politische
Anknüpfungspunkte des Rechtsextremismus“) und W. Hanesch („Krise
der Erwerbsarbeit – Abschied vom Sozialstaat?“) beleuchten den Entstehungszusammenhang
von Rechtsextremismus und Neuer Rechten im Kontext industriegesellschaftlicher
Modernisierungsprozesse. Zentralen Elementen des rechtsextremen Einstellungssyndroms
wenden sich H.-G. Jaschke („Fremdenfeindliche Tendenzen in der Polizei“)
und W. Bergmann/R. Erb („Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus“)
zu. International vergleichende Studien steuern R. Gärtner („Neurechter
Populismus in Österreich“), R. Koopmans („Die Neue Rechte in
den Niederlanden – oder: warum es sie nicht gibt“) sowie M. Minkenberg
(„Die Erneuerung der radikalen Rechten in westlichen Demokratien: USA,
Frankreich und Deutschland im Vergleich“) bei. AK
Ginzel, Günther B./Güntner, Sonja (Hg.):
„Zuhause in Köln ...“ Jüdisches Leben 1945 bis heute, Köln
1999
Auch mehr als ein halbes Jahrhundert nach der Shoah ist jüdisches
Leben in Deutschland nicht selbstverständlich. Gleichwohl hat es schon
sehr bald nach dem Krieg den Mut zum Neubeginn auf jüdischer Seite gegeben.
Am Beispiel der ältesten jüdischen Gemeinde auf deutschem Boden erzählen
die Beiträge, Zeitzeugenberichte, Dokumente und Bilder dieses ansprechend
gestalteten Buches die Geschichte jüdischen Lebens in Köln seit dem
Kriegsende. Ein „Prolog“ schildert die Entwicklung der Stadt von der
Trümmerlandschaft zur modernen Metropole.“Das Gestern im Heute“
enthält u. a. Beiträge über jüdisches Leben in Köln
in den Nachkriegsjahren sowie über den alltäglichen Antisemitismus
und Rechtsextremismus.“Jüdisches Leben heute“ stellt die Synagogen-Gemeinde
Köln und die Jüdische Liberale Gemeinde vor und berichtet von russischen
Juden im heutigen Köln.“Juden in Köln“ behandelt die erste
jüdische Nachkriegsgeneration, erzählt von der Einweihung der Synagoge
Roonstraße und von der Städtepartnerschaft mit Tel Aviv, aber auch
von den Schatten der Vergangenheit, die nicht vergehen wollen. Kulturelle Begegnungen,
von jüdischen Themen auf deutschen Bühnen über die Kölner
Bibliothek zur Geschichte des deutschen Judentums bis zur Pflege des jüdischen
Kulturerbes im Rheinland finden sich unter „Germanica Judaica“. Um
Wahrnehmungen, Erfahrungen und Bemühungen geht es im abschließenden
Kapitel „Juden und Nichtjuden“, das u. a. einen Bericht von Johannes
Rau über die Kölnische Gesellschaft für Christlich-Jüdische
Zusammenarbeit enthält. CTS
Gössner, Rolf/Oliver Neß: Polizei im Zwielicht.
Gerät der Apparat außer Kontrolle?, Frankfurt/Main – New York
1996
Das staatliche Gewaltmonopol ist eine unabdingbare Voraussetzung für
eine rechtsstaatliche Regulierung sozialer Konflikte. Doch ist der Rechtsstaat
zugleich an den Maßstab des Rechts, insbesondere der Menschen- und Bürgerrechte
gebunden. Vor diesem Hintergrund sind an die rechts-staatliche Ausübung
des staatlichen Gewaltmonopols, die Verfassung der Polizei als dem exekutiven
Arm des Rechtsstaates und ihre demokratisch-öffentliche Kontrolle hohe
Ansprüche geknüpft. Rolf Gössner, Rechtsanwalt, Publizist, parlamentarischer
Berater auf Bundes und Landesebene und 1982 bereits mit dem Buch „Der Apparat.
Ermittlungen in Sachen Polizei“ bekannt geworden, setzt sich aus einer
engagierten bürgerrechtlichen Perspektive mit dem Zustand der Polizei in
Deutschland auseinander. Oliver Neß, mit Polizeifragen befaßter
Journalist und selber Opfer von Polizeigewalt in Hamburg, hat ein Kapitel „Das
Hamburg-Syndrom. Hochburg der Polizeigewalt“ beigesteuert. Das Buch ist
faktenreich und mit vielfältigen Belegen geschrieben, aber vom eigenen
Anspruch her kein wissenschaftliches Werk. Statt Vollständigkeit und Ausgewogenheit
wird in der Form eines Mosaiks auf Probleme der Polizei in Deutschland hingewiesen.“Jenseits
jeglicher Feindbildpflege“ (S. 15) wird angesichts einer unzureichenden
demokratisch-öffentlichen Kontrolle nach Lösungsansätzen für
die Entwicklung einer „demokratischeren Bürgerpolizei“ gesucht
und ein Überblick über die bisherige Reformdiskussion und -praxis
gegeben. Behandelt werden Formen der Polizeigewalt gegen Minderheiten und Außenseiter
und des Rassismus, aber auch Beispiele der Zivilcourage. Weitere Gegenstände
sind der Umgang der Polizei mit Rechts und Links, die zunehmende Tendenz geheimpolizeilicher
Kompetenzen und polizeilicher Spezialisierung, aber auch die Grundzüge
eines polizei- und strafrechtsdominierten „Sicherheits-“ Konzepts,
das Ausgangspunkt einer tiefer ansetzenden Polizeireform ist.
GRIES, Jürgen und WICHER, Michael, Jugendliche
und politische Kultur. Einstellungen, Aktionsformen und Wahlverhalten Jugendlicher
im Deutschland der 90er Jahre. In: neue praxis. Zeitschrift für Sozialarbeit,
Sozialpädagogik und Sozialpolitik 21/1991
Der Beitrag basiert auf einer Untersuchung des Deutschen Instituts zur Erforschung
der Informationsgesellschaft (dii) zum Wahlverhalten Jugendlicher vom November
1989 und 1990. Analysiert wird das Wählerpotential, das Parteienpotential
und das Protestpotential unter Jugendlichen, die Haltung gegenüber
politischen Jugendorganisationen, sozialen Bewegungen sowie rechtsextremistische
und ausländerfeindliche Einstellungen. In bezug auf neofaschistische
und ausländerfeindliche Tendenzen lassen sich deutliche Unterschiede zwischen
alten und neuen Bundesländern feststellen.
Grosinger, Elisabeth Maria: Rassenhygiene – eine
„politisierte Wissenschaft“ mit Hauptaugenmerk auf die burgenländischen
Roma, Frankfurt/Main 1998
Der Text der Autorin wurde von der Universität Innsbruck im Fach Pädagogik
als Diplomarbeit angenommen. Auf der Grundlage von Interviews mit Angehörigen
der burgenländischen Roma stellt sie ausführlich die Kultur der Roma
dar und beschreibt die Vernichtung der burgenländischen „Zigeuner“
während der NS-Diktatur. Eröffnet wird das Buch mit einer Geschichte
des Rassismus und einer Rekonstruktion des pseudowissenschaftlichen rassistisch-eugenischen
Diskurses, der den Hintergrund für die ethnische Verfolgungspolitik bildete.
Dabei stellt die Autorin knapp die wichtigsten Vertreter von Eugenik und Rassenhygiene
vor, umreißt die Arbeit des Erb- und Rassenbiologischen Instituts der
Universität Innsbruck und streift ebenfalls sehr kurz die Politik der Sterilisation,
der Euthanasie und die Ziele des Lebensborn. Ein besonderes Anliegen der Autorin
ist es, die Geschichte der Verfolgung und Vernichtung der burgenländischen
Roma nicht als abgeschlossen darzustellen, sondern auch auf aktuelle Gefahrenmomente
hinzuweisen. PD
Gür, Metin/ Alaverdi Turhan: Die Solingen-Akte,
Düsseldorf 1996
Der Brandanschlag in Solingen vom Mai 1993, bei dem fünf Menschen
umgebracht wurden, hat national und international für großes Aufsehen
gesorgt. Der anschließende Prozeß gegen die jugendlichen Angeklagten
war das fünfgrößte Gerichtsverfahren in der jüngsten deutschen
Geschichte. Drei der vier Angeklagten erhielten die gemäß Jugendstrafrecht
zulässige Höchststrafe von zehn Jahren, der vierte erhielt eine Freiheitsstrafe
von 15 Jahren. Die beiden türkischen Journalisten Metin Gür und Alaverdi
Turhan haben nun den Prozeß und seine Vorgeschichte als Stück deutscher
Zeitgeschichte recherchiert und dokumentiert. Der erste Abschnitt ihres Buches
befaßt sich mit dem genauen Hergang des Brandanschlags sowie den Folgeerscheinungen.
Er schildert die Migrationsgeschichte der Familie Genc und legt die Ängste
der in Solingen lebenden Türken nach dem Anschlag dar. Im Zentrum des zweiten
Abschnitts steht das Gerichtsverfahren. Die Autoren skizzieren den Ablauf des
Verfahrens und sein Ambiente. Der letzte Teil des Buches enthält Gespräche,
die die Verfasser mit Personen geführt haben, die zur Aufklärung der
Straftat beitrugen und die unmittelbar in das Verfahren eingeschaltet waren
bzw. seinen Fortgang beeinflußten.
Haase, Norbert/Pampel, Bert (Hg.): Doppelte Last –
doppelte Herausforderung. Gedenkstättenarbeit und Diktaturenvergleich an
Orten mit doppelter Vergangenheit, Frankfurt/Main 1998
Der Sammelband geht auf eine Tagung zurück, welche die Stiftung Sächsische
Gedenkstätten unter der Beteiligung der Enquete-Kommission des Deutschen
Bundestages zum Umgang mit den Folgen der SED-Diktatur zur Erinnerung an die
Opfer politischer Gewaltherrschaft im November 1996 organisiert hatte. Analog
zur Tagung ist auch der Band in vier Abschnitte unterteilt. Die erste Arbeitsgruppe
befaßte sich mit dem Thema „‘Braune’ und ‘rote’
Diktatur – zwei Seiten einer Medaille?“ und erwartbar beleben sich
hier die Kontroversen um die Tragfähigkeit und Renaissance der Totalitarismustheorie.
Angesichts der doppelten Diktaturerfahrung in Deutschland fassen die Beiträge
der zweiten Arbeitsgruppe die Erwartungen zusammen, die an Gedenkstätten
mit doppelter Vergangenheit gerichtet werden. In der dritten Arbeitsgruppe stehen
die Fragen der künstlerischen Gestaltung von Gedenkorten mit doppelter
Vergangenheit im Mittelpunkt. Auch hier werden konträre Positionen deutlich
etwa bei der Gestaltung des Dokumentenhauses der Gedenkstätte Buchenwald
oder bei dem Vorschlag des Berliner Architekten Wolfgang Kil, Gedenkstätten
und authentische Orte zu trennen. Bei diesen Kontroversen geht es allerdings
nicht nur um architektonische Fragen, sondern auch um solche der Sprachkritik
sowie der politisch-ethischen und inhaltlichen Grundaussage von Denkmalsetzungen.
Die Beiträge der letzten Arbeitsgruppe diskutieren die konkreten praktischen
Erfahrungen, die bislang in Gedenkstätten mit mehrfacher Vergangenheit
gewonnen wurden. Betroffen sind insgesamt nicht nur ehemalige Konzentrationslager,
sondern auch Gefängnisse und Zuchthäuser. PD
HAFENEGER, Benno und LOCHMANN, Walter, Im Prinzip
bin ich vielleicht ein Spießbürger. Aus einer rechten Biographie.
In: Widersprüche 16/1985
Der Beitrag enthält Ausschnitte eines Interviews mit einem führenden
militanten Aktivisten des rechten Lagers. Es werden Abschnitte seiner Biographie
geschildert und verschiedene Phasen seiner rechtsextremistischen Karriere beschrieben
und interpretiert. Damit wird der Zusammenhang seiner politischen Biographie
und der Einbindung in rechte Karrieremuster‘ transparent bzw. rekonstruierbar
gemacht.
HAFENEGER, Benno und LOCHMANN, Walter, Rechts war ich
schon immer. Fragmente einer rechten Biographie. In: Vorgänge 77/1985
Der Beitrag gibt Ausschnitte eines intensiven und ausführlichen Interviews
mit einem gewalttätigen Rechtsradikalen wieder, das in einer Justizvollzugsanstalt
durchgeführt wurde. “Die Gesprächsausschnitte beziehen sich nur
auf einen Aspekt des Gesprächsinterviews; sie schildern Ereignisse und
Abschnitte seiner Biographie, in denen er noch Brücken zum bürgerlichen
Leben hatte und versuchte, Teile seines ‘bürgerlichen‘ Lebensentwurfs
... zu realisieren“.
HAFENEGER, Benno, Nationalismus, Rassismus und Rechtsextremismus
bei Jugendlichen in der DDR, In: deutsche jugend 38/1990
Der Beitrag zeichnet das Bild des Rechtsextremismus in der ehemaligen DDR, wie
es sich 1990 darstellte. Dazu gehören die deutsch-deutschen Kontakte in
der rechten Szene ebenso wie die Zunahme rechtsextremistischer Auffälligkeiten
besonders unter Jugendlichen. Darüber hinaus unterscheidet HAFENEGER zwischen
nationalistischen und antisemitischen Erscheinungsformen. Bezug genommen
wird auf Presseberichte, Beiträge in Zeitschriften sowie wissenschaftliches
Datenmaterial. Bezüglich der Ursachenkomplexe geht HAFENEGER auf den sozialpsychologischen
Ansatz von RICHTER und den psychotherapeutischen Ansatz von MAAZ ein, bei denen
jeweils charakteristische Verarbeitungsmuster der spezifischen Umbruch-Situation
für diese Tendenzen verantwortlich gemacht werden.
HAFENEGER, Benno, Rechtsextremismus: Herausforderung
für Pädagogik, Jugendarbeit und Schule. In: BUTTERWEGGE, Christoph
und ISOLA, Horst (Hg.), Rechtsextremismus im vereinten Deutschland. Bremen 1991
HAFENEGER zeichnet einleitend die historische Genese der Auseinandersetzung
von politischer Bildung, Pädagogik und Jugendarbeit mit dem Nationalsozialismus
in der Bundesrepublik Deutschland nach. Anschließend wird die einschlägige
Forschungslandschaft skizziert, ehe Aspekte zur Bestimmung von Grenzen und Handlungsmöglichkeiten
von Pädagogik, Jugendarbeit und Schule beschrieben werden. Zu den abgeleiteten
Postulaten gehören unter anderem ein reflektiertes Selbstverständnis
der involvierten Institutionen und MitarbeiterInnen, das Anstreben eines ausbalancierten
Verhältnisses zwischen Toleranz und der Formulierung von Gegenpositionen,
eine gezielte thematische Angebotsauswahl, die Zielorientierung von Pädagogik
und Jugendarbeit an einem demokratischen Alltag sowie die Profilierung von Jugendarbeit
und Schule als soziale Orte der politischen Streitkultur.
HAFENEGER, Benno, Rechtsradikalismus bei Jugendlichen.
In: Unsere Jugend, 44/1992
HAFENEGER faßt die Entwicklungen im organisierten rechtsextremistischen
Lager im vereinten Deutschland zusammen, geht auf Wahlverhalten und Wählerpotential
sowie auf die Mentalitäten und Weltbilder der rechtsextremen Szene ein.
Daneben wird Ausländer- und Fremdenfeindlichkeit als ideologischer Dreh-
und Angelpunkt des Rechtsextremismus diskutiert. Als mögliche Erklärungen
für die Affinität Jugendlicher zu rechten Einstellungen nennt HAFENEGER
die sich aus der Individualisierungsdiskussion ableitenden spezifischen Probleme
der Jugendphase, die den Alltag in bestimmten Lebenssituationen prägende
innere Leere sowie die besonderen Aspekte, die für die Neuen Bundesländer
zutreffen, wie die Erfahrungen mit dem verordneten Antifaschismus oder die aktuell
erlebten sozial-ökonomischen Schwierigkeiten. Daneben wird auch auf geschlechtsspezifische
Aspekte rechtsextremistischer Neigungen eingegangen. Abschließend wird
ein kurzer historischer Abriß der Jugendarbeit und ihrer Instrumente gegeben
und auf das sich in jüngster Zeit verändernde pädagogische Selbstverständnis
im Umgang mit Rechtsextremismus aufmerksam gemacht.
Hafeneger, Benno: Die sieben Diskurse zur Gewalt, Schwalbach/Ts
1996
Bücher zum Thema Jugend, Gewalt, Rechtsextremismus sind seit einigen
Jahren in einem Ausmaß erschienen, daß selbst Spezialisten der Überblick
schwer fällt. Benno Hafeneger verfolgt in didaktischer Absicht das Anliegen,
Konturen in die unübersichtlich gewordene Diskussion zu bringen. Anhand
der „sieben Diskurse zur Gewalt“ soll der Kern der gegenwärtigen
Debatten nachvollzogen werden. Die Absicht des Verfassers ist es, mit seinem
Text den Blick für das Wesentliche bei der jugendzentrierten Debatte in
Politik, Medien und Erziehung zu schärfen. Die einzelnen Kapitel, zum Teil
mit komplexen Themen wie z. B.“Pädagogik und Politik“ oder „Pädagogik
und Demokratie“, fallen dabei sehr knapp aus, und sie lesen sich stellenweise
wie Zusammenfassungen von Texten, die der Autor an anderer Stelle bereits publiziert
hat. Das Resümee des Verfassers lautet ambivalent vage: „Die Perspektive
für Schule, politische Bildung und Jugendarbeit und deren Rahmenbedingungen
sind offen und beeinflußbar. Sie bewegt sich im Spannungsfeld, einerseits
mit Bedeutungsverlust konfrontiert zu werden und ihre Grenzen deutlich zu erfahren,
andererseits ständig mit neuen Anforderungen und Lernprovokationen konfrontiert
zu werden“ (S. 34).
HAMMER, Wolfgang, Rechtsextreme Tendenzen: Konsequenzen
für Jugendarbeit und Jugendpolitik. Sieben Thesen. In: deutsche jugend
38/1990
HAMMER befaßt sich thesenartig mit Herausforderungen und Konsequenzen,
die sich aus dem in jüngerer Zeit zu beobachtenden rechtsorientierten Wahlverhalten
sowie der zunehmenden Verbreitung rechter Orientierungen in der Bevölkerung
ergeben. An Jugendarbeit und Jugendpolitik stellt er die Forderung, Ausgrenzungsstrategien
aufzugeben sowie die bisherige schulische und außerschulische Didaktik
zu revidieren. Ansatzpunkt politischer Jugendbildung muß die konkrete
Lebenslage der Jugendlichen sein. Diese Maßnahmen müssen jedoch in
ein Gesamtkonzept integriert sein, das Wohnungsbau-, Sozial-, Ausländerpolitik
und kommunale Infrastrukturpolitik mit einbezieht. Schließlich weist HAMMER
auf die Notwendigkeit der Entwicklung einer politischen Kultur hin, die ihrerseits
die Konsequenzen aus der Kritik an mangelnder Transparenz, Glaubwürdigkeit
und Partizipation der Politik im allgemeinen zieht.
HARTMANN, Ulrich, STEFFEN, Hans-Peter und STEFFEN,
Sigrid, Rechtsextremismus bei Jugendlichen. Anregungen, der wachsenden
Gefahr entgegenzuwirken. München 1985
Der Band beginnt mit einem knappen Abriß theoretischer Ansätze
zum historischen Faschismus und zum Rechtsextremismus. Daran schließt
sich eine nähere Betrachtung der rechten Szene mit ihren zahlreichen Gruppierungen,
einschließlich der rechtsextremen Jugendpublizistik, an. Neben der Diskussion
von Ursachen und Hintergründen der Entstehung von jugendlichem Rechtsextremismus,
die vor allem in den strukturell bedingten Krisensymptomen kapitalistisch organisierter
Gesellschaftssysteme gesehen werden, geht es den AutorInnen in erster Linie
um konkrete pädagogische Handlungsstrategien für eine antifaschistische
Jugendarbeit. Am Schluß des Buches befinden sich ausführliche Film-
und Literaturempfehlungen.
Hasselbach, Ingo: Die Bedrohung. Mein Leben nach dem
Ausstieg aus der rechten Terrorszene, Berlin 1996
Hasselbach legt drei Jahre nach seinem Ausstieg aus der Neonazi-Szene
sein zweites Buch vor, in dem er über die Jahre seit dieser Trennung berichtet,
die von Ängsten vor Anschlägen und Racheakten ehemaliger Kameraden
geprägt waren. Viele seiner Beobachtungen zur Nazi-Szene sind nicht neu,
interessant aber ist das Gespräch mit seinem späteren Freund Bonengel
über dessen Film „Beruf: Neonazi“. Wenngleich Hasselbach auch
nicht gesellschaftliche Umstände für seine neonazistische Vergangenheit
verantwortlich machen will, sieht er doch begünstigende Umstände gegeben.
In der DDR sei es nicht zuletzt die harte Strafjustiz gewesen, die oft aus aufsässigen
Jugendlichen beinharte Neonazis gemacht habe. Angeprangert wird auch der Umgang
der bundesdeutschen Justiz mit Ausstiegswilligen – die Androhung von Strafverfahren
wegen neonazistischer Umtriebe, gepaart mit der Angst vor dem Verlust von Kameraden
und Geborgenheit erschwere eine solche Entscheidung. Insgesamt ist das Buch
ein Zeugnis der persönlichen Schwierigkeiten eines Aussteigers, das allerdings
gegenüber dem ersten Buch keine wesentlichen Erkenntniszuwächse über
die Infrastruktur der Neonazi-Szene enthält.
Heiland, Hans-Günther/ Christian Lüdemann
(Hg.): Soziologische Dimensionen des Rechtsextremismus, Opladen 1996
„Der“ Rechtsextremismus ist als politisches und soziales Phänomen
keineswegs eindeutig verortbar. Entsprechende Erklärungsangebote, so Thomas
Kliche, leiden an konzeptioneller Unklarheit. Die Beiträge des vorliegenden
Sammelbandes argumentieren daher aus einer „konstruktionistischen Perspektive“
(S. 10) und beschränken sich auf wenige soziologisch relevante Dimensionen
des Rechtsextremimus. Hierzu zählen aus makrosoziologischer Perspektive
Nationalstaatskonzeptio nen und Gesellschaftsvorstellungen, wie sie im Konzept
der multikulturellen Gesellschaft vorliegen. Aus einer mikrosoziologischen Perspektive
werden Vorurteile, Ängste, Ideologien und Gruppenstrukturen sowie die Medien
als vermittelnde Strukturen analysiert. Reinhold Sackmann diskutiert die vor
dem Hintergrund von Globalisierungsprozessen erfolgenden Migrationsprozesse
und sieht die Ablehnung von Asylbewerbern wie Aussiedlern als Abwehrreaktionen
gegen internationale Verflechtungen. Karlhans Liebl analysiert das Konzept der
multikulturellen Gesellschaft auf das in ihm schlummernde, auf eine Vermischung
der Kulturen zurückgehende Potential für Ängste und Unsicherheiten,
an die Ideologisierungsbemühungen des Rechtsextremismus anknüpfen
können. Peter Loos stellt signifikante Zusammenhänge zwischen Sozialstruktur
und Rechtsextremismus infrage und richtet seine Aufmerksamkeit am Beispiel rechter
Berliner Jugendkultur auf alltagskulturelle Prozesse der Stigmatisierung und
Diskriminierung. Rechtextremistische Ideologien stellen vor diesem Hintergrund
Deutungsmuster der Problemverortung zur Verfügung, die die eigenen Probleme
als solche der „Fremdbestimmung“ deuten und die identitätssichernden
Diskriminierungen auf bestimmte Gruppen lenken. Auch Hellmut Willems sieht nicht
in einer geschlossenen Ideologie, sondern in „eher diffusen Gefühlen
und Vorstellungen von einer generellen Bedrohtheit oder Benachteiligung ‘der
Deutschen’ gegenüber ‘den Ausländern’“ die gemeinsame
Klammer verschiedener Tätergruppen und warnt vor Verstärkereffekten,
die diese Einstellungen durch Politik und Öffentlichkeit erfahren haben.
Hans W. Giessen analysiert die Kontinuität rechtsextremistischer Pop-Musik
und verweist auf ihre Bedeutung bei der Stabilisierung entsprechender Jugendkulturen.
Thomas Ohlemacher schließlich sieht – an Hand einer Analyse der Bildzeitung
– Kausalbezüge bei der Medienberichterstattung und der Häufigkeit
von Gewalttaten in der zweiten Hälfte des Jahres 1992 und fragt nach der
Verantwortung der Medien für ein spezifisches Meinungsklima als Resonanzboden
für Gewalt gegen Fremde und Asylsuchende. Die Beiträge sind aus einer
Tagung der Sektion „Soziale Probleme und soziale Kontrolle“ der Deutschen
Gesellschaft für Soziologie im Oktober 1994 hervorgegangen.
HEIM, Gunda u. a.: “Lieber ein Skinhead als sonst
nichts?“ Grundsätze einer akzeptierenden Jugendarbeit in rechten Jugendcliquen.
In: neue praxis 4/1991
Es wird von Projekten offener Jugendarbeit berichtet, in deren Zusammenhang
ein praxisorientierter Handlungsansatz entwickelt wurde, der als ‘akzeptierende
Jugendarbeit mit Jugendlichen in rechten Jugendcliquen‘ bezeichnet wird.
Die AutorInnen ziehen dabei eine praxisgeleitete Zwischenbilanz der pädagogischen
Diskussion um rechtsextremistische Jugendliche. Skizziert werden Ansätze
(von HEITMEYER, MOLLER, MUCKE u.a.), die nicht primär auf Verhaltensänderung,
sondern vielmehr auf Veränderung der Lebenssituation und Schaffung von
Konflikt- und Handlungsfähigkeit zielen. Im Mittelpunkt stehen dabei Handlungsansätze
subjektorientierter und verstehender Jugendarbeit mit rechtsorientierten, aggressionsbereiten
Jugendlichen. Anschließend werden Grundsätze akzeptierender
Jugendarbeit formuliert sowie konkrete konzeptionelle Leitlinien und praxisorientierte
Schlußfolgerungen gezogen. Zu diesen gehören insbesondere eine Hinwendung
zum Lebensmilieu der Jugendlichen sowie das Bemühen um offene Kommunikationsstrukturen.
Akzeptierende Jugendarbeit stellt sieh damit primär als Beziehungsarbeit
dar.
HEINEMANN, Karl-Heinz und SCHUBARTH, Wilfried (Hg.),
Der antifaschistische Staat entläßt seine Kinder. Jugend und Rechtsextremismus
in Ostdeutschland. Köln 1992
Die Autorinnen und Autoren dieses Buches setzen sich mit Ursachen und Ausmaß
von Rechtsextremismus und Gewaltbereitschaft bei Jugendlichen in Ostdeutschland
auseinander. Dabei wird deutlich, daß Sozialarbeit allein die Probleme
nicht lösen kann... Die AutorInnen nähern sich dem Problem aus historischer,
politologischer, soziologischer, individual- und sozialpsychologischer Sicht.
Sie versuchen nachzuweisen, daß die Ursachen für rechtsextremistische
Tendenzen bei Jugendlichen in den neuen Bundesländern sowohl in den Bedingungen
des Aufwachsens in einem autoritären, stalinistisch geprägten
System als auch in den Auswirkungen des gesellschaftlichen Umbruchs zu suchen
sind. (A)
HEITMEYER, Wilhelm u. a., Die Bielefelder Rechtsextremismus-Studie,
Weinheim/München 1992
Dieser Band präsentiert die Ergebnisse der ersten Langzeituntersuchung
zur politischen Sozialisation in der Bundesrepublik. Im Mittelpunkt steht eine
Gruppe von Jugendlichen, die von 1985 bis 1990 begleitet worden ist. Untersucht
wurden die Erfahrung von drohender und tatsächlicher Arbeitslosigkeit,
das Erleben des familiären Milieus, die Stellung in der Gleichaltrigengruppe,
Erfahrungen mit der Politik und die eigenen politischen Orientierungen. Dabei
ging es insbesondere um Zusammenhänge und Verlaufslinien. Mit Hilfe regelmäßiger
ausführlicher Interviews wurde der Entwicklung von Fremdenfeindlichkeit,
Gewaltakzeptanz und rechtsextremistischen Orientierungen nachgespürt. In
detaillierten Einzelverläufen konnten Bedingungen für Distanz, Ambivalenz,
Akzeptanz und Veränderungen solcher politischen Orientierungen und Handlungsweisen
aufgezeichnet und im Hinblick auf die Identitätsentwicklung interpretiert
werden. Als zentrales Ergebnis zeigt sich, daß die Tatsache eines Arbeitsplatzes
noch keinen hinreichenden Schutz gegen fremdenfeindliche und nationalistische
Orientierungen bietet. Es besteht ein sehr differenziertes Geflecht von Ereignissen
und Abfolgen, Sorgen, Nöten und Wünschen der Jugendlichen, das einfache
Antworten nicht zuläßt. (A)
HEITMEYER, Wilhelm und JACOBI, Juliane (Hg.), Politische
Sozialisation und Individualisierung. Perspektiven und Chancen politischer Bildung.
Weinheim/München 1989
Jugendliche stehen politischen Parteien und anderen Großorganisationen
eher distanziert gegenüber. Auch das Wählen als wichtigstes Element
konv9ntioneller repräsentativer demokratischer Beteiligung wird skeptisch
beurteilt, und selbst die neuen sozialen Bewegungen sind davon nicht mehr ausgeschlossen.
Daher zieht sich die Frage durch die Beiträge dieses Bandes, inwieweit
die gesellschaftlichen Individualisierungsprozesse in einem Zusammenhang mit
politischer Sozialisation zu bringen sind. Werden ganze soziale Bewegungen möglicherweise
dadurch verkümmern, daß sich die Subjektivierung von politischen
Problemen weiter ausbreitet? Werden Solidarisierungsmöglichkeiten und -effekte
beeinträchtigt? Gibt es angesichts von Wert- und Lebensstilpluralisierungen
überhaupt noch Organisationschancen für politische Jugendorganisationen,
vor allem auch im östlichen Teil des Vereinten Deutschlands? Diesen Fragen
stellen sich die Beiträge dieses Bandes. Ihre Zielperspektive sind die
Chancen von politischer Bildung, eine politische Streitkultur als Möglichkeit
zur kollektiven Re-Politisierung und der Beitrag von Jugendkulturen zu einer
demokratischen politischen Kultur. (A)
HEITMEYER, Wilhelm und MOLLER, Kurt, “Nazis raus
aus dieser Stadt!“? Für neue Wege im Umgang mit rechtsextremistisch
orientierten Jugendlichen. In: deutsche jugend. 5/1989
HEITMEYER und MOLLER legen ihr Verständnis von einem soziologischen Begriff
des Rechtsextremismus dar. Wesentliche Elemente rechter Orientierungen sind
die Unterstellung, daß Menschen ungleich sind und Gewalt als Mittel zur
Lösung von Konflikten akzeptiert wird. Facettenreichtum, Verbreitung und
Ursachenzusammenhänge von Rechtsextremismus bei Jugendlichen werde dargestellt.
Anschließend wird der Frage nachgegangen, welchen Bezug die politischen
Weltbilder zu den sozialen Erfahrungen der Jugendlichen haben und welche
Handlungsperspektiven sich daraus für die Jugendarbeit ergeben.
HEITMEYER, Wilhelm, Arbeit und Instrumentalisierung.
Stimmt die These “Hauptsache, die Jugendlichen haben Arbeit, dann
sind sie für rechtsextremistische Orientierungen nicht anfällig?“
Oder spielt nicht auch die Arbeitsorientierung dabei eine wichtige Rolle? In:
sozial extra 7-8/1992
Der Beitrag faßt Ergebnisse der 1992 erschienenen Rechtsextremismusstudie
von HEITMEYER u.a. zusammen, die eine Langzeituntersuchung mit qualitativen
Methoden darstellt. Hierbei geht es um den scheinbar unauffälligen Jugendlichen,
der sich in der “hochindustrialisierten Gesellschaft und ihrer widersprüchlichen
Modernisierung“ zurechtzufinden hat. Es wird der Frage nach der Bedeutung
von Ausgrenzungsprozessen aus dem System der Erwerbsarbeit für rechtsextreme
Orientierungen nachgegangen. Instrumentalistische Arbeitsorientierungen
begünstigen danach rechte Einstellungen. Für präventive Maßnahmen
entscheidend ist also die Auseinandersetzung mit den Arbeitsbedingungen Jugendlicher.
HEITMEYER, Wilhelm, Jugend auf dem Weg nach rechts?
In: Gewerkschaftliche Monatshefte 9/1989
HEITMEYER kritisiert ein rein verfassungsrechtliches Verständnis von Rechtsextremismus,
das sich allein aus der Analyse von Mitgliederzahlen und Wahlverhalten gegenüber
als rechtsextremistisch einzustufenden Gruppierungen ergibt. Statt dessen spricht
er sich für einen soziologisch begründeten Begriff von Rechtsextremismus
aus, der auch zunehmend sozial akzeptierte Gruppen einschließt. Gemeinsame
Kennzeichen der relevanten Orientierungsmuster sind das gleichzeitige Auftreten
einer ausgeprägten Ideologie der Ungleichheit sowie ein hohes Maß
an Gewaltakzeptanz zur Regelung sozialer Konflikte. Zur Begründung dieser
These werden Ergebnisse aus den empirischen Untersuchungen von HEITMEYER u.a.
vorgestellt. Die rechten Orientierungsmuster Jugendlicher sind nach HEITMEYER
“politische Umformungen von ökonomisch-sozialen Alltagserfahrungen“.
Aus diesem Ansatz werden Schlußfolgerungen für Jugendarbeit und politische
Jugendbildung gezogen. Es kommt darauf an, den aus dem gesellschaftlichen Individualisierungsprozeß
resultierenden sozialen Desintegrationsgefahren auf vielerlei Ebenen entgegenzuarbeiten.
Jugendarbeit hat sich den Sozialmilieus zu öffnen und die Aufklärungsarbeit
politischer Jugendbildung muß sich mit den konkreten Lebenserfahrungen
der Jugendlichen auseinandersetzen.
HEITMEYER, Wilhelm, Jugend, Staat und Gewalt in der
politischen Risikogesellschaft. In: HEITMEYER, Wilhelm, MÖLLER, Kurt
und SUNKER, Heinz (Hg.): Jugend - Staat -Gewalt. Politische Sozialisation von
Jugendlichen, Jugendpolitik und politische Bildung. Weinheim/München 1989
Das Einführungskapitel zum Sammelband “Jugend - Staat - Gewalt“
thematisiert einerseits die Kennzeichen politischer Sozialisation von Jugendlichen
unter den individualisierten Lebenbedingungen der Risikogesellschaft, andererseits
die allgemeinen Erfahrungszusammenhänge im Sozialisationsprozeß,
die durch eine Auseinandersetzung mit der historisch herausgebildeten gesellschaftlichen
Umwelt charakterisiert sind. Ausgangsthesen sind die Annahme eines staatlich-politischen
Bewältigungsverlustes bei anstehenden gesellschaftspolitischen Problemstellungen
sowie die Beobachtung eines politischen Verständigungsverlustes über
Zukunftsentwicklungen und -perspektiven. In dieser Situation erfahren Jugendliche
staatliche Gewalt als demokratiegefährdendes Mittel zur Rückgewinnung
von Kontrollverlusten. Der Beitrag kennzeichnet zunächst die gesellschaftliche
Entwicklung anhand der Stichworte ‘Risikogesellschaft‘, ‘Individualisierung‘
und ‘politische Risikokonstellationen‘. Daran schließt sich
ein Abriß der subjektiven Verarbeitungsmechanismen der sozialen und
politischen Erfahrungen von Jugendlichen an. Schließlich werden die staatlichen
Reaktionsmechanismen unter die Lupe genommen sowie Chancen und Perspektiven
politischen Handelns formuliert. Auf der Suche nach Wegen, das gesellschaftliche
Gewaltniveau zu senken, wird die Forderung nach Ausweitung politischer Partizipationsmöglichkeiten
in ihren ambivalenten Wirkungen kritisch hinterfragt.
HEITMEYER, Wilhelm, MÖLLER, Kurt und SILLER, Gertrud,
Jugend und Politik. Chancen und Belastungen der Labilisierung politischer Orientierungssicherheiten.
In: HEITMEYER, Wilhelm und OLK, Thomas (Hg.): Individualisierung von Jugend.
Gesellschaftliche Prozesse, subjektive Verarbeitungsformen, jugendpolitische
Konsequenzen, Weinheim/München 1990
Die AutorInnen gehen von der leitenden These aus, daß ein enger Zusammenhang
zwischen den sozialstrukturellen Lebensverhältnissen junger Menschen und
einer Labilisierung ihrer politischen Orientierungen besteht. Zunächst
gehen sie auf die zentralen Faktoren ein, die die politischen Orientierungen
der jungen Generation prägen. Anschließend werden Erfahrungsfelder
genannt, deren subjektive Verarbeitung für junge Menschen zum Problem werden:
die Bewältigungsprobleme von politischen Institutionen hinsichtlich sozialer,
ökologischer oder politischer Risikolagen, die Verständigungsprobleme
zwischen Politik und Bevölkerung sowie die spezifischen Orientierungsprobleme
während der Jugendphase. Die sieh hinter diesen Problemlagen verbergenden
gesellschaftlichen Funktionsmechanismen bergen zugleich Chancen und Belastungsrisiken
für verantwortliches politisches Urteilen und Handeln. Für die Jugendpolitik
ergeben sieh daraus Konsequenzen hinsichtlich Planungsmöglichkeiten, Ressourcen,
Partizipationsformen und angebotenen Kollektivbezügen.
HEITMEYER, Wilhelm, MÖLLER, Kurt und SUNKER, Heinz
(Hg.), Jugend - Staat - Gewalt. Politische Sozialisation von Jugendlichen, Jugendpolitik
und politische Bildung. Weinheim/München 1989
Die Auseinandersetzungen um Kernfragen der gesellschaftlichen Entwicklung haben
in den letzten Jahren an Intensität zugenommen besonders für Jugendliche,
um deren Zukunftsgestaltung es bei den weitreichenden gesellschaflichen
und staatlichen Entscheidungen geht. Die Durchsetzung von Rüstungsvorhaben,
der Ausbau der Atomenergie, die Gestaltung der inneren Sicherheit, die Forcierung
von Gen- und Informationstechnologie erscheinen vielen als einseitige Festlegung
zukünftiger Lebensbedingungen, die nicht widerspruchs- und widerstandslos
hingenommen wird. Jugendlichen und sozialen Bewegungen geht es dabei häufig
um die Erweiterung demokratischer Verfahren, um Minderheitenschutz und die Reversibilität
getroffener Entscheidungen, für deren Verwirklichung ihnen kaum noch Wege
offen scheinen. Deshalb werden auch verschiedene gewaltsame Aktivitäten
als Ausweg nicht mehr völlig ausgeschlossen. Dies trifft nicht nur auf
diejenigen zu, die offen für Gewaltanwendung eintreten, sondern auch auf
jene, die schweigend aus der Distanz die Auseinandersetzung verfolgen und partielles
Verständnis äußern. Dieser Band stellt das Verhältnis von
Jugend, Staat und Gewalt zur Diskussion, um Fragen der politischen Sozialisation
zu klären und nach Möglichkeiten für jugendpolitische und pädagogische
Aktivitäten zu suchen. (A)
HEITMEYER, Wilhelm, Rechtsextremismus. “Warum
handeln Menschen gegen ihre eigenen Interessen?“ Materialien zur Auseinandersetzung
mit Ursachen. Köln 1991
HEITMEYER geht davon aus, daß rechtsextremistische Orientierungen aufgrund
von Alltagserfahrungen zustande kommen und unter günstigen Bedingungen
verändert werden können. Anhand von Fallbeispielen und Zitaten rechtsextremistischer
Publikationen beziehungsweise Zeitungsausschnitten sollen Jugendliche dazu angeregt
werden, über ihre eigenen Einstellungen nachzudenken. Mit Hilfe des vorgelegten
Materials sollen Jugendliche zu einer eigenständigen Position kommen, die
über ein hilfloses ‘Nazis raus‘ hinausgeht.
HEITMEYER, Wilhelm, Rechtsextremistisch motivierte
Gewalt und Eskalation. In: HEITMEYER, Wilhelm, MOLLER, Kurt und SUNKER, Heinz
(Hg.): Jugend - Staat - Gewalt. Politische Sozialisation von Jugendlichen, Jugendpolitik
und politische Bildung. Weinheim/München 1989
HEITMEYER möchte das rechtsextreme Spektrum nicht nur bewegungsintern,
sondern auch in seinen interaktiven Verbindungen nach außen untersucht
wissen. Hierzu werden zunächst ein Überblick über politische
Varianten im rechtsextremistischen Spektrum geboten, die grundlegende Ungleichheitstheorie
expliziert und quantitative Entwicklungslinien nachgezeichnet. Leicht aktivierbare
Gewaltbereitschaft manifestiert sich in drei Eskalationsbereichen: Eskalation
durch Legitimitätsbeschaffung, durch Kohäsionsprobleme und ideologische
Verwirrungen und durch staatliche Inkonsistenz und Unter-Reaktion. Abschließend
wird die Unwirksamkeit einer Verbotspolitik bei dem Versuch der Eskalation aufgezeigt.
Vielmehr müßten die Voraussetzungen geschaffen werden, daß
Legitimationsbeschaffung verunmöglicht wird, daß Stabilisierung der
Gruppenkohäsion erschwert wird und von staatlicher Seite aus Inkonsistenzen
und Unter-Reaktionen unterbleiben.
HEITMEYER, Wilhelm, Rechtsextremistische Orientierungen
bei Jugendlichen. Empirische Ergebnisse und Erklärungsmuster einer Untersuchung
zur politischen Sozialisation. Weinheim/München 1992
Die Untersuchung behandelt einen aus historischen Gründen stark emotionalisierten
Problembereich. In einer umfassenden und detaillierten Analyse wird den bisherigen
Erklärungsmustern für rechtsextremistische Tendenzen bei Jugendlichen
ein sozialisationstheoretisch orientiertes Konzept entgegengestellt. In ihm
werden Jugendliche nicht als “Rechtsextremisten“ abgestempelt, sondern
als in einer Lebensphase befindlich gesehen, in der sie unter oft schwierigen
persönlichen und sozialen Bedingungen eine eigenständige Identität
entwickeln müssen. In diesem Prozeß werden sie auch mit Ideologismen
und Postulaten konfrontiert, die zum Teil in politische Konzepte des organisierten
Rechtsextremismus eingewoben sind. Nicht die organisierte Variante und ihre
politischen Verfestigungen erklären rechtsextremistische Orientierungen
bei Jugendlichen, sondern allgemeine Orientierungsmuster in ihrem Vorfeld. Dazu
werden in einer empirischen Untersuchung an 1257 Jugendlichen (Haupt- und Realschüler
sowie Gymnasiasten) im Alter von 16-17 Jahren soziale Gefährdungskonstellationen
und weitverbreitete autoritär-nationalisiernde Einstiegsmuster herausgearbeitet,
die im Alltag und im sozialen Orientierungsmilieu der Jugendlichen auftreten.
Rechtsextremistische Orientierungen bei Jugendlichen stellen sich dar als Folge
einer Ideologie der Ungleichheit und Gewaltakzeptanz und damit als Kristallisationen
von Gesellschaftsbildern, die in zentralen politischen und sozialen Bereichen
der Gesellschaft entstehen und nicht an ihren ‘Rändern‘. (A)
HELD, Josef, HORN, Hans, LEIPRECHT, Rudolf und MARVAKIS,
Athanasios, Du mußt so handeln, daß du Gewinn machst. In: päd
extra, 5/1991
Die Tübinger Forschungsgruppe präsentiert in diesem Beitrag die Forschungsergebnisse
der Untersuchung ‘Jugendliche und Rechtsradikalismus - theoretische Überlegungen
zu politischen Orientierungen jugendlicher Arbeitnehmer‘. Ausgehend von
der Infragestellung der von Jugendexperten häufig vertretenen These, wonach
Jugendliche mit beruflichen Problemen und mit unklarer Perspektive des eigenen
Lebensentwurfs eher zu rechtsextremen Positionen tendieren als andere, wird
auf Untersuchungen hingewiesen, die Grund für die gegenteilige Annahme
geben: daß nämlich nicht benachteiligte Jugendliche eher bereit seien,
rechte Positionen zu vertreten. Nach einer Kurzbeschreibung des Forschungsprojektes
erfolgt eine Analyse der möglichen Ursachen für die oben genannten
Beobachtungen.
HELLFELD, Matthias von (Hg.), Im Schatten der Krise.
Rechtsextremismus, Neofaschismus und Ausländerfeindlichkeit in der Bundesrepublik.
Kleine Bibliothek Politik und Zeitgeschichte. Köln 1986
Der Sammelband thematisiert zunächst die rechtsextremistischen Tendenzen
in der politischen Kultur der Bundesrepublik. Dabei werden die ideologischen
und politischen Verbindungen zwischen Neonazis, neuen Rechten und dem konservativen
Lager aufgezeigt. Im folgenden werden die rechtsextremistische Jugendliteratur
untersucht und die ausländerfeindlichen Tendenzen in Politik, Verwaltung
und Öffentlichkeit dargestellt und daran gezeigt, wie notwendig es ist,
über die Vorstellungen der extremen Rechten nachzudenken und aufzuklären.
Das Buch wendet sich vor allem an Lehrer, Schüler und Jugendliche.
HELLFELD, Matthias von, Modell Vergangenheit. Rechtsextreme
und neokonservative Ideologien in der Bundesrepublik. Köln 1987
Von der demokratischen Öffentlichkeit lange Zeit zu wenig wahrgenommen,
haben sich in der Bundesrepublik seit einigen Jahren neben den militanten neonazistischen
Gruppierungen neue rechtsextreme Strömungen entwickelt. Sie verfügen
über ein breit gefächertes publizistisches Netzwerk, ihre Vorstellungen
haben Eingang auch in große Medien gefunden. Anhand von Theoriezeitschriften
Flugblättern, Plakaten, Parteiprogrammen, Schüler- und Studentenzeitungen
analysiert und dokumentiert Matthias von HELLFELD die neuen rechtsextremen Ideologien,
die durch sie legitimierten politischen Leitbilder und das ihnen entsprechende
Geschichtsbild. (A)
Hellmann, Kai-Uwe/Koopmans, Ruud (Hg.): Paradigmen
der Bewegungsforschung. Entstehung und Entwicklung von Neuen Sozialen Bewegungen
und Rechtsextremismus, Wiesbaden 1998
Das Auftreten von Protestaktionen und sozialen Bewegungen bedeutet sowohl für
Politik wie für Wissenschaft eine Herausforderung. Die Beschäftigung
mit sozialen Bewegungen hat in den letzten 10 bis 20 Jahren spürbar zugenommen
und dies hat zur Ausbildung einer eigenen Fachdisziplin innerhalb der Sozialwissenschaften
geführt, nämlich zur Soziologie sozialer Bewegungen. Der Sammelband
vermittelt einen kompetenten Überblick über die Entwicklung dieser
Fachdisziplin und den gegenwärtigen Forschungsstand. In seiner Einführung
stellt Kai-Uwe Hellmann die diversen Forschungs- und Erklärungsansätze
der neueren Bewegungsforschung vor und kristallisiert im Sinne einer Komplexitätsreduktion
fünf Paradigmen heraus, die jeweils für sich einen wichtigen Beitrag
zur Erklärung der Entstehung und Entwicklung sozialer Bewegungen leisten.
Es handelt sich um den Ansatz der Structural Strains, das Konzept kollektiver
Identität, die Theorie des Framing, der Ressourcenmobilisierung und der
politischen Gelegenheitsstruktur. Mit Blick auf die Neuen Sozialen Bewegungen
und auf den Rechtsextremismus untersuchen die Autoren in jeweils fünf Studien
die Tragfähigkeit der verschiedenen Ansätze. Der abschließende
Beitrag von Ruud Koopmans bilanziert in vergleichender Absicht diese Theorien
sozialer Bewegungen. PD
HENNIG, Eike, Was leistet das Konzept der “strukturellen
Gewalt?“. In: HEITMEYER, Wilhelm, MOLLER, Kurt und SUNKER, Heinz (Hg.):
Jugend - Staat -Gewalt. Politische Sozialisation von Jugendlichen, Jugendpolitik
und politische Bildung. Weinheim/München 1989, 5
Nach einer Retrospektive der Geschichte terroristischer Gewaltanwendung in der
Bundesrepublik referiert HENNIG zunächst Arbeiten, die sich mit Konfliktursachenforschung
befassen. Einen Schritt weiter geht GALTUNGS Skizze einer Typologie von Gewalt,
die im Kontext der Friedensforschung entwickelt wurde. Sie wird ausführlich
skizziert und einer Kritik unterzogen. Anschließend wird die Frage gestellt,
inwieweit GALTUNGS Unterscheidung von personaler und struktureller Gewalt für
die Analyse jugendgeprägter Subkulturen fruchtbar gemacht werden kann.
Obwohl GALTUNGS Konzeption der Ausdifferenzierung bedarf, kommt der Autor zu
dem Schluß, daß die grundlegende Unterscheidung von personaler und
struktureller Gewalt bei der Analyse rechtsextremer Tendenzen einen wichtigen
Beitrag leisten kann.
HENNIG, Werner und FRIEDRICH, Walter, Jugend in der
DDR. Daten und Ergebnisse der Jugendforschung vor der Wende. Weinheim/München
1991
Der gesellschaftliche Umbruch in der ehemaligen DDR hat für die Jugendforschung
neue Frgen und Forschungsaufgaben aufgeworfen. Über die Jugend in
der DDR vor der Wende 1989 ist wenig bekannt. Über die Lebensformen junger
Leute, über ihr Denken und Urteilen, ihre politischen und kulturellen Einstellungen,
über ihre intellektuellen Fähigkeiten stehen kaum Informationen zur
Verfügung. Die Beiträge und zugrundeliegenden Daten dieses Bandes
stammen aus den Arbeiten des Zentralinstituts für Jugendforschung. Ihre
Daten und Ergebnisse konnten vor der Wende kaum veröffentlicht werden.
Jetzt bilden sie einen wichtigen Grundbestand an Aussagen über Jugend in
der DDR vor 1989. Die vorliegenden 19 Beiträge dieses Sammelbandes aus
der Arbeit des Zentralinstituts spiegeln die thematische Vielfalt der sozialwissenschaftlichen
Jugendforschung. Es werden vor allem Ergebnisse aus der Zeit nach 1985 vorgestellt
(A).
Herf, Jeffrey: Zweierlei Erinnerung. Die NS-Vergangenheit
im geteilten Deutschland, Berlin 1998
Die unterschiedliche Ausgestaltung der „Politik der Erinnerung“ an
die nationalsozialistischen Verbrechen in den beiden deutschen Nachkriegsstaaten
war, wie der US-amerikanische Historiker Jeffrey Herf in dieser schlüssig
argumentierenden Studie nachweist, keineswegs voraussehbar gewesen: Ausgerechnet
in Adenauers „restaurativer“ Bundesrepublik kam es zu einem kritischen
Diskurs über die nationalsozialistische Zeit, während in der „antifaschistischen“
DDR der Versuch der „Vergangenheitsbewältigung“ unterblieb. Wie
dies geschehen konnte und welche Rolle dabei äußere Faktoren wie
die neuen Konstellationen im Kalten Krieg spielten, untersucht Herf, indem er
die Frage, wie antifaschistische deutsche Politiker als Zeitgenossen den Nationalsozialismus
sahen, mit der Untersuchung ihres Redens und Handelns nach 1945 verknüpft.
Der zeitliche Schwerpunkt liegt auf den Jahren der Emigration und der Frühphase
der beiden deutschen Staaten, in denen sich die „Bruchlinien der geteilten
Erinnerung“ herausbildeten. Die ersten beiden Kapitel des Buches behandeln
kommunistische Deutungen des Antifaschismus und die Haltung der deutschen Kommunisten
zur jüdischen Frage in den Jahren bis zum Kriegsende, im folgenden wird
die Politik des Erinnerns in den beiden deutschen Staaten bis in die 1960er
Jahre untersucht. Ein wichtiges Buch auch für die heute wieder aktuelle
Frage nach dem Umgang mit Unrechtsregimen. CTS
Heydemann, Günther/Jesse, Eckhard: Diktaturvergleich
als Herausforderung. Theorie und Praxis, Berlin 1998
Der Vergleich totalitärer Diktaturen, vor allem aber zwischen Nationalsozialismus
und dem kommunistischen Regime in der DDR, steht im Mittelpunkt des Sammelbandes,
an dem Historiker und Politikwissenschaftler mitgewirkt haben. In einer ersten
Gruppe von Beiträgen werden theoretische Probleme des Diktaturvergleiches
erörtert, die anschließend in empirischen Beiträgen erprobt
werden. Die theoretischen Aufsätze leitet E. Jesse ein, M. Huttner rekapituliert
den Stellenwert der Deutung des Totalitarismus als säkularer Religion in
den „Anfänge(n) der Totalitarismusdiskussion in England“, und
A. Siegel stellt eine funktionalistische Deutung des Totalitarismuskonzeptes
von C. J. Friedrich vor. L. Fritze erörtert „Stabilitätsbedingungen
von Weltanschauungsdiktaturen“, denen vor dem Hintergrund der Erosion traditioneller
Sinnorientierungen in modernen Gesellschaften ein nicht zu unterschätzendes
Verführungspotential zukommt. K.-D. Müller untersucht die jeweiligen
Rahmenbedingungen von Widerstand in der Sowjetunion, im Nationalsozialismus
und in der DDR, und R. Eckert vergleicht Widerstand und Opposition im Dritten
Reich und in der DDR. Weitere Themen sind die Kaderpolitik als totalitäres
Herrschaftsinstrument am Beispiel des Nomenklaturasystems der DDR (W.-U. Friedrich)
und eine Auseinandersetzung mit Daniel Goldhagens Studie „Hitlers willige
Vollstrecker“ (St. Kailitz): Stärker berücksichtigt werden müsse
die Rolle von kommunistischen und völkischen Utopien beim erfolgreichen
Versuch totalitärer Diktaturen, Menschen zu Massenmördern zu machen.
Der empirische Teil des Buches enthält konkrete Vergleichsstudien zwischen
NS- und SED-Diktatur, die nicht auf einem ganzheitlichen, integralen, sondern
auf einem partiellen, sektoralen Vergleich beruhen. Deutlich wird, daß
die „erstrebte totalitäre Durchdringung der Gesellschaft und ihrer
Einrichtungen keineswegs immer gelingt, sondern vielmehr häufig abgebremst
bzw. abgewehrt werden kann – zumindest zeitweise.“ (aus der Einleitung
der Herausgeber, S. 21) AK
HILLE, Barbara, Nicht nur Blauhemden. Die Situation
der Jugendlichen in der ehemaligen DDR. Konrad Adenauer Stiftung, Deutschland-Report.
Melle 1991
In mehr als vier Jahrzehnten wurde die Jugend in der DDR nach dem einheitlichen
Erziehungsideal der ‘sozialistischen Persönlichkeit‘ erzogen
und politisch beeinflußt. Es fragt sich im Rückblick, wie die Mehrheit
der Jugendlichen diese vielfältige pädagogische und politische Beeinflussung
verarbeitet hat und wie sie vor dem Hintergrund auf die künftigen Aufgaben
im Vereinigungsprozeß vorbereitet ist. Das wird am Beispiel der für
die meisten Jugendlichen zentralen Lebensbereiche aufgezeigt: Schule, Beruf,
Familie, Freundeskreis, Freizeit. Dabei hat die problemorientierte Analyse Vorrang,
in der die Daten und Fakten aus der ehemaligen DDR als Basis dienen. (A)
HILLE, Barbara, Jugend im vereinten Deutschland. Ergebnisse
der empirischen Jugendforschung für die Erwachsenenbildung. Deutscher Volkshochschul-Verband,
Pädagogische Arbeitsstelle: berichte materialien planungshilfen. Bonn 1991
Das Heft liefert zusammenfassende Ergebnisse der empirischen Jugendforschung
zur Situation der Jugendlichen in beiden deutschen Staaten. Neben einem knappen
Abriß zum Forschungsstand werden zentrale Bereiche wie Wertewandel, Berufsorientierungen,
Freizeitinteressen, Familie und politische Aktivitäten angeschnitten. Im
letzten Punkt geht es besonders um Aspekte politischer Partizipation, Vertrauen
in politische Institutionen sowie Demonstrationsneigungen.
Hoensch, Jörg K. u. a. (Hg.): Judenemanzipation
– Antisemitismus – Verfolgung in Deutschland, Österreich-Ungarn,
den Böhmischen Ländern und in der Slowakei, Essen 1999
Die Judenemanzipation, der Antisemitismus und die Verfolgung in Deutschland,
Österreich-Ungarn, den Böhmischen Ländern und in der Slowakei
waren Themen eines 1996 an der Universität Leipzig abgehaltenen Symposiums;
von der Vielzahl der in diesem Band dokumentierten Beiträge kann hier nur
eine kleine Auswahl genannt werden. Rudolf Vierhaus untersucht in seinem einführenden
Beitrag das deutsch-tschechische Verhältnis zwischen 1918 und 1989; Stefi
Jersch-Wenzel analysiert die Grundlagen der Judenemanzipation bis 1848 im östlichen
Mitteleuropa; Jiri Kudela beschreibt die historischen Wurzeln des Rassenantisemitismus
in den Böhmischen Ländern zwischen 1780-1870 und 1918; Alena Miskova
analysiert die Lage der Juden an der Prager Deutschen Universität; Wilma
Iggers untersucht die Emigration der deutschen und österreichischen Juden
in der Tschechoslowakei; Helena Krejcova diskutiert die spezifischen Voraussetzungen
des Antisemitismus und der antijüdischen Aktivitäten im Protektorat
Böhmen und Mähren. Im abschließenden Beitrag analysiert Jana
Svobodova die Erscheinungsformen des Antisemitismus in den Böhmischen Ländern
in den Jahren 1948 bis 1992. FS
HOHLBEN, Hartmut, Politischer Extremismus. Links- und
Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Landeszentrale für
politische Bildung Hamburg (Hg.), Hamburg 1985
Der Beitrag befaßt sich, ausgehend von den jüngsten medienwirksamen
Gewaltausbrüchen gegen Ausländer in den neuen Bundesländern,
mit Erscheinungsformen rechtsextremen Denkens und Handelns unter Jugendlichen.
Zunächst wird ein Überblick über neuere wissenschaftliche Untersuchungen
zu rechtsextremen Einstellungen und Weltbildern gegeben. Zusammenfassend führen
die Erklärungsansätze rechtsextreme Tendenzen in der ehemaligen DDR
auf Phänomene des Autoritarismus in einer vormals geschlossenen Gesellschaft
mit ihrem ‘verordneten Antifaschismus‘ sowie auf Entfremdungsfaktoren
und Orientierungslosigkeiten im Zuge des Vereinigungsprozesses zurück.
Ein weiterer Abschnitt des Beitrags geht auf das Ausmaß und die Erscheinungsformen
des Rechtsextremismus in den neuen Bundeslandern ein. Schließlich werden
mögliche Gegenmaßnahmen geschildert. Diese reichen von Forderungen
an die Medien bezüglich ihrer latenten Funktionen über Vorschläge
einer veränderten sozialpädagogischen Orientierung von Jugendarbeit
bis hin zur rechtlichen Gleichstellung von AusländerInnen. Demokratisierung
und die Ermöglichung vielfältiger Partizipationserfahrungen erscheinen
den Autoren als die wichtigsten Aspekte, um autoritären und antidemokratischen
Parolen wirksam begegnen zu können.
Holtappels, Heinz Günter u. a. (Hg.): Forschung
über Gewalt an Schulen. Erscheinungsformen und Ursachen, Konzepte und Prävention,
Weinheim 1997
Gewalt an Schulen hat in den letzten Jahren „Konjunktur“,
in der Realität von Schülern und Lehrern, aber auch in der veröffentlichten
Meinung. Hinter den oftmals überzogenen Darstellungen der Medien nach Erscheinungsformen,
Bedingungskonstellationen und Präventionsansätzen dieses gesellschaftlichen
Phänomens zu fragen und darüber hinaus den Diskurs über Theorie
und Methodenfragen zu befördern, ist das Ziel dieses Sammelbandes, der
auf eine Bielefelder Tagung im September 1996 zurückgeht. Teilnehmer dieser
Tagung waren fast alle der in Deutschland mit diesen Themen befaßten Forschergruppen.
Die insgesamt 20 Beiträge dieses Bandes, den die Herausgeber, Mitglieder
des Bielefelder Sonderforschungsbereichs „Prävention und Intervention
im Kindes- und Jugendalter“, bewußt nur als eine Zwischenbilanz zum
Stand der Forschung charakterisiert sehen wollen, gliedern sich in 6 Teile:
1. Forschungsstand, Theorie und Methode, 2. Verbreitung und Erscheinungsformen,
3. Opfer und Täter, 4. Jungen und Mädchen, 5. Bedingungsgeflechte,
6. Prävention und Intervention. Neben theoretischen Überlegungen und
empirischen Befunden werden dabei auch praktische Hinweise zum Umgang mit Gewalt
und Gewaltbereitschaft an Schulen vermittelt, u. a. in Beiträgen zum Verhaltenstraining
mit Kindern, zu Möglichkeiten der Aggressionsbewältigung in Schulen
oder auch zur Aggressionsprävention im sozialen Kontext der Schule. Ein
umfangreicher Literaturüberblick und ein Autorenverzeichnis runden den
instruktiven Band ab. CTS
HOLTHUSEN, Bernd und JANECKE, Michael, Gewalttätigkeit
jugendlicher Gruppen - Ausländerfeindlichkeit und Rechtsextremismus. In:
Kind Jugend Gesellschaft - Zeitschrift für Jugendschutz 1/1992
Der ‘klassische‘ Antifaschismus, der sich nur an sichtbaren Organisationen
und Aktionen orientiert, hat der von der ‘Neuen Rechten‘ ausgehenden
Gefahr wenig entgegenzusetzen. In einer Zeit, in der der populistische und technokratische
Konservativismus politisch vorherrscht, bemüht sich die ‘Neue Rechte‘
‚ ihren Deutungsmustern Geltung zu verleihen.
HOPF, Wulf, Fami1iale und schulische Bedingungen rechtsextremer
Orientierungen von Jugendlichen. In: Zeitschrift für Sozialisationsforschung
und Erziehungssoziologie, 11/1991
Rechtsextreme Orientierungen und Aktivitäten von Jugendlichen sind in den
vergangenen Jahren vor allem mit Besonderheiten der Jugendphase (geringere Rollenintegration,
Belastungen der Identitätsbildung, Individualisierung und Isolierung von
Jugendlichen) erklärt worden. Demgegenüber untersucht der Aufsatz
familiale und schulische Bedingungen von Rechtsextremismus. In der ‘Theorie
der autoritären Persönlichkeit‘ wird immer noch ein relevanter,
allerdings zu ergänzender Erklärungsansatz gesehen. Eine gezielte
Auswertung von empirischen Untersuchungen zum Autoritarismus und Rechtsextremismus
zeigt, daß der familiale Interaktionsund Erziehungsstil direkt oder
vermittelt politische Einstellungen im Jugendalter prägt. Für den
empirisch immer wieder gefundenen negativen Zusammenhang von Höhe des Bildungsgrades
und Stärke des Autoritarismus gibt es unterschiedliche Erklärungen.
(A)
HUHN, Anne und MEYER, Alwin, “Einst kommt der
Tag der Rache“. Die rechtsextreme Herausforderung 1945 bis heute. Freiburg
i.Br. 1986
Der Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland, der lange Zeit von
der Öffentlichkeit kaum beachtet und von Politikern verharmlost wurde,
rekrutiert gerade in den letzten Jahren vor allem jugendliche Anhänger.
In einer gründlichen und materialreichen Darstellung schildern die AutorInnen
die Geschichte des Rechtsextremismus seit 1945, hinterfragen die Resultate der
Entnazifizierung, schildern die Geschichte der NPD und stellen den heutigen
organisierten Rechtsextremismus dar. Abschließend werden politische und
pädagogische Gegenstrategien diskutiert.